Warum der Gradationsfilter, wie ein Verlaufsfilter auch genannt wird, in der Fotopraxis im Bereich Landschaft ein wichtiger Bestandteil ist und worauf man beim Kauf und der Verwendung achten sollte, erkläre ich in diesem Artikel, speziell die Lee- Filter beschreibe ich ausführlicher.
Der Inhalt:
Warum brauche ich einen Verlaufsfilter?
Was ist Landschaftsfotografie?
Einfacher Fotografieren mit dem Verlaufsfilter
Extreme Lichtsituationen und Verlaufsfilter
Welche Verlaufsfilter braucht der Fotograf?
Das Lee Filtersystem
Die ersten Filter zum Einsteigen
Das Kombinieren von Filtern
In der Landschaftsfotografie brauchts Verlaufsfilter
Warum brauche ich einen Verlaufsfilter?
Der Verlaufsfilter wird dazu verwendet, den helleren Teil bei Landschaftsfotos, in der Regel der Himmel, farbneutral abzudunkeln. Damit ist es der Kamera möglich, den Dynamikumfang eines Landschaftsbildes oft vollständig einzufangen. Die Kamera erfährt durch den Verlaufsfilter sozusagen eine Erweiterung ihrer Fähigkeiten!
Natürlich gibt es auch andere Hilfsmittel, gerade bei der Nachbearbeitung, um die Unterschiede von hellen und dunklen Bildbereichen in einem Foto abzubilden. Dennoch – Verlaufsfilter in der Landschaftsfotografie sind meiner Meinung nach nicht vollständig durch nachträgliche Bildbearbeitung zu ersetzen.
Ich würde sogar soweit gehen und sagen: Bei Landschaften ist der Einsatz von Verlaufsfiltern unentbehrlich, möchte man als Fotograf auf große Nachbearbeitung verzichten. Und genau hier stößt man auf einen Punkt, der die Nachbearbeitung gewissermaßen zu einer Glaubensfrage für Landschaftsfotografen macht.
Vorweg: den klassische Lee Filterhalter 100 * benutze ich.
Für Natur so natürlich wie möglich
Für mich ist es wichtig die fotografische Arbeit in der Natur mit möglichst wenig digitaler Nachbearbeitung in meinen Bildern zu erreichen. Desshalb arbeite ich sehr häufig bei Landschaftsaufnahmen, die Himmel und Erde zeigen, mit Verlaufsfiltern bzw. Gradationsfiltern direkt am Objektiv.
Das erspart mir nicht nur lange Computerarbeit, mit den Filtern kann die Stimmung der Szene wiedergegeben werden (vollständiger Dynamikumfang) ohne verschiedene Belichtungen aufwendig zusammen zuschneiden. Außerdem läßt sich die Ausstrahlung des Moments mit Hilfe der Filter weiter verstärken, ganz ohne Qualitätsverlust. Durch die Filter kann der Himmel nämlich auch etwas stärker abgedunkelt werden, als er in Wirklichkeit ist. Je nach Motiv läßt sich dadurch die Bildstimmung intensiver gestalten. Doch meist ist auch hier weniger mehr!
Mit gezieltem und vorsichtigem Einsatz der Gradationsfilter kann die Dramatik zum Beispiel eines wolkenverhangenen Himmels bei Sonnenuntergang auf natürliche Weise fotografisch abgebildet werden und je nach Geschmack kann durch die Filter künstlerisch Einfluss genommen werden.
Foto entwickeln
Allerdings möchte ich damit nicht sagen, dass ich auf eine Nachbearbeitung gänzlich verzichte – nein – hier sollte man ein gesundes Mittelmaß finden, zwischen der Szene, dem Licht vor Ort und dem Ausdruck, der Stimmung die man dem Bild geben möchte. Hat man fotografisch sauber gearbeite genügt eine Entwicklung der Raw- Daten für ein anprechendes Endergebnis.
Ganz nebenbei, das handwerkliche Einstellen der Kamera und das Abstimmen mit Filtern on Location für die perfekte Belichtung ist echtes Fotografieren. Gehört das Übereinanderlegen von virtuellen Ebenen am Computer auch dazu?
Was ist Landschaftsfotografie?
Bei der Frage: „Was braucht ein Landschaftsfotograf wirklich?“ gerade in Bezug auf seine Ausrüstung und Filter, sollte sich desshalb jeder selbst fragen: Was möchte er mit welchen Mitteln im Foto umsetzen? Was ist (noch) Landschaftsfotografie?
Technisch ist sehr viel möglich, Mehrfachbelichtung, Stacking, Blending, HDR… und wer mit Photoshop ein bisschen umgehen kann, benötigt nur ein paar Referenzfotos und baut sich sein Bild virtuell zusammen. Composing nennt sich das. Gehört das zur Landschaftsfotografie?
Vielleicht im weitesten Sinne. Aber Landschaftsfotografie ist doch etwas völlig anderes – das Einfangen von Licht in Landschaften, die Stimmung der Natur im Bild festhalten, so wie sie wirklich ist bzw. in jenem Moment war. Das ist nicht immer einfach, doch machen Herausforderungen die Sache doch interessanter. Gradationsfilter helfen jedenfalls beim Einfangen von Licht in der Landschaft.
Einfacher Fotografieren mit dem Verlaufsfilter
In der digitalen Technik spielt es kaum mehr eine Rolle, wieviele Fotos man unterwegs macht. Vor Ort angekommen, Kamera aufs Stativ, schnell auf den Auslöser gedrückt und man hat schonmal ein paar Fotos von der Location. Meist landen diese Fotos, bei denen man sich noch nicht so richtig um eine Kompostion bemüht hat später im Papierkorb.
Mein Eindruck ist, bei der Verwendung von Aufsteckfiltern, bei denen für die Montage bereits etwas Zeit vergeht, passiert eine gewisse Entschleunigung. Man wird fast gezwungen sich auf die Umgebung einzulassen. Mit etwas Disziplin gelingt das jedem natürlich auch ohne Filterstecksystem.
Zeit nehmen, schauen und überlegen bevor man knipst!
Ein weiterer Vorteil ist, man erhält bei der Verwendung von ND-Verlaufsfiltern sofort das (fast) fertige Bild, das sich direkt auf dem Monitor der Kamera zeigt. Bei Reihenaufnahmen ohne Filter wird das Endergebnis erst am Computer wirklich zu sehen sein. Hat man das Bild direkt vor sich, fällt es einem häufig leichter am Aufbau zu arbeiten. Ich meine damit fotografisch – die Komposition erarbeiten und verfeinern, die Kamera leicht verändert neu positionieren. Perspektive änderen geht nur vor Ort.
Ganz abgesehen vom organisatorischen Aufwand. Wenn man für jedes fertige Bild mehrere Referenzfotos benötigt und dann vielleicht noch ein paar Varianten bzw. mehrere Aufnahmen mit der gleichen Belichtung, nur weil sich das Licht oder etwas anderes ändert, macht man für ein einziges Bild gleich 10, 20… Fotos. Die muß man später alle von der Karte laden, durchsehen, aussortieren etc. Arbeit, Arbeit.
Extreme Lichtsituationen und Verlaufsfilter
Das Licht bleibt selten lange Zeit gleich, da ist es praktisch, wenn man die Situation in einem Foto vereint hat. Dadurch wid der Arbeitsablauf einfacher, schneller und präziser.
Man kann auch zwei Fotos oder mehr machen, eine Belichtung für den dunkleren Teil und ein weiteres für den Himmel (Bracketing), später noch die Überblendung in Photoshop. Bei beweglichen Objekten, die über den Horizont ragen, stößt die Methode der Mehrfachbelichtung allerdings schnell an ihre Grenzen.
Trotz allem gibt es Lichtsituation, die solche drastischen Maßnahmen von mehreren Belichtungen sogar erfordern. Direktes Gegenlicht beim Sonnenaufgang z. B. Da kann häufig auch kein Verlaufsfilter ohne Tricks den vollständigen Dynamikumfang der Szene einfangen.
Doch helfen die Verlaufsfilter auch in diesen extremen Lichtsituationen und liefern die besseren Ausgangsbilder für eine anschließende Nachbearbeitung.
Welche Verlaufsfilter braucht der Fotograf?
Durch den Einsatz eines Filtersystems kontrollieren wir also das eingefangene Licht inkl. Farbspektrum. Nur welche Grauverläufe braucht der Fotograf denn?
Auf dem Markt werden Grauverlaufsfilter in verschiedenen Stärken, auch Dichten genannt, angeboten.
- ND 0.3 – 1 Blende
- ND 0.6 – 2 Blenden
- ND 0.9 – 3 Blenden
- ND 1.2 – 4 Blenden
Außerdem gibt es noch Unterschiede beim Übergang vom dunklen zum transparenten Bereich.
- soft
- medium
- hard
sind die gängisten Varianten. Zusätzlich gibt es Reverse Grauverlaufsfilter. Diese haben ihren dunkelsten Bereich in der horizontalen Mitte und werden nach obenhin heller.
Das Lee Filtersystem
Ich arbeite mit dem Lee Filtersystem und den Verlaufsfiltern ND 0.6 soft, ND 0.9 soft sowie dem ND 1.2 hard und soft. Allerdings kann ich den ND 1.2 hard nicht empfehlen, da er in den seltensten Fällen zum Einsatz kommt. 4 Blenden Unterschied sind nämlich eine ganze Menge und der harter Übergang ist einfach zu viel.
Wirklich gut finde ich die Filter mit weichen, softem Übergang. Die lassen sich auch gut kombinieren und mit einem entsprechenden Adapter (Tandem Adapter enthalten im Pro Kit*) ist es möglich 2 Filter und mehr unterschiedlich auszurichten. Insgesamt kann ein Filterhalter von Lee 3 Filter aufnehmen, kombiniert mit dem Tandem Adapter wären theoretisch also 6 Filter in einem Bild möglich. Was in der Praxis natürlich unnötig ist.
Mit Polarisationsfilter oder Big Stopper und 1- 2 Verlaufsfiltern wird man praktisch kaum mehr als 3 Filter zusammen brauchen. Polfilter und Graufilter, die sog. Big Stopper, gibt es ebenfalls von Lee. Allerdings lassen sich die Lee Aufsteckfilter auch mit Schraubfiltern anderer Hersteller kombinieren.
Die ersten Filter zum Einsteigen
Für Einsteiger ist ein Verlaufsfilter mit ND 0.6 soft * und ein weiterer mit ND 0.9 soft * sowie Aufstecksystem und Adapterring für das jeweilige Objektiv zu empfehlen. Damit lassen sich die allermeisten Situationen bewerkstelligen. Haben Sie etwas Übung mit den Filtern, können Sie dieses Filtersystem ganz nach Ihren Bedürfnissen erweitern.
Benötigt wird für das 100mm System von Lee auf jeden Fall:
- der Filterhalter, enthalten im Foundation Kit* oder Professional Kit
- ein oder mehrere Verlaufsfilter, mein Favorit der 0.9 soft *
- ein Adapterring* mit passendem Durchmesser für das entsprechende Objektiv
Sie haben beispielsweise ein Weitwinkel Objektiv mit einem Filterdurchmesser von 82mm. So benötigen Sie den Adapterring mit 82mm Durchmesser. Möchten Sie die Verlaufsfilter für ein weiteres Objektiv mit einem anderen Filterdurchmesser verwenden, benötigen Sie lediglich einen passend Adapterring. Die Filterscheiben sowie das Haltersystem stecken Sie dann einfach um!
Eine vollständige Liste der angebotenen Filter und Zubehör finden Sie direkt auf der Seite des Herstellers.
Es gibt natürlich neben den Lee Filtern eine ganze Reihe andere Anbieter: Nisi, Singh Ray, Hitech, Cokin und weitere. Matthias Haltenhof hat dazu einen ultimativen Guide verfasst. Soweit mir bekannt ist, lassen sich die Verlaufsfilter anderer Anbieter ebenfalls auf dem Lee Haltersystem nutzen und umgekehrt. In sofern ist man nicht ganz so abhängig von einem Hersteller.
Filtergrößen
Die Filter, die bei mir zum Einsatz kommen, haben eine Größe von 100 x 150mm. Somit lassen sich die Filterscheiben in der Halterung verschieben und der Situation anpassen, was ein riesen Vorteil ist, im Vergleich zu Schraubfiltern.
Hier aufgepasst: Von anderen Anbietern gibt es auch Aufsteckfilter, die kürzer sind, 100x 125mm, dadurch verringert sich die Anpassungsmöglichkeit.
Die Bigstopper* haben eine Größe von 100x 100mm, aber da muß auch nichts angepasst werden. Der Effekt zieht sich ja über das gesamte Bild. Außer diesen genannten Fotofiltern gibt es den Polarisationfilter – ebenfalls zum Aufstecken. Dafür benötigt man den Filter und einen zusätzlichen Adapter, um ihn an der Halterung zu befestigen. Der Pol Filter ist nämlich rund, wie ein „normaler“ Polfilter eben.
Für den Polarisationfilter am Leefiltersystem wird benötigt:
- eine Lee Filterhalterung
- ein Polfilter 105mm*, gibt es auch von Lee
- ein zusätzlicher Adapterring*, um den Filter vorne auf das Stecksystem zu montieren
Das Kombiniern von Filtern
Haben Sie sich für ein Aufsteckfiltersystem entschieden, haben Sie fast unbegrenzte Möglichkeiten verschiedene Filter zu kombinieren. Der Filterhalter nimmt Grauverlaufsfilter ebenso auf wie Farbverlaufsfilter. Die reinen ND Filter und IR Filter sind gleichermaßen kompatibel.
Der Adapterring, auf dem der Filterhalter angebracht wird, läßt sich zudem auf einen passenden Schraubfilter montieren. Das heißt das Filtersystem kann auf einen ND Schraubfilter aufgeschraubt werden. Selbst ein schon vorhandener Polfilter kann mit dem System kombiniert werden.
Einzig die Vignettierung setzt hier Grenzen. Bei 16mm im Vollformat wird die Grenze schnell erreicht, versucht man einen Schraubfilter und den Filterhalter gleichzeitig einzusetzen. Ich denke für diese Variante haben sich die Hersteller eine andere (noch teurere) Konstruktion einfallen lassen. Die Kombi aus Aufsteck- Bigstopper und Verlaufsfilter ist laut Hersteller auch an 16mm Objektiven möglich. Der Vorbau am Objektiv ist ohne eine Schraubfilter ja deutlich geringer.
Ab 24mm hat man da keine Probleme mit großer Verzeichnung an den Rändern. Egal ob mit oder ohne Schraubfilter, das Aufstecksystem ist damit kompatibel.
Wirklich zu empfehlen sind die Lens Caps für das Lee Filtersystem*, die gibts außnahmsweise fast geschenkt!
In der Landschaftsfotografie brauchts Verlaufsfilter
Nach etlichen Jahren Ausprobieren in der Landschaftfotografie, bin ich der Meinung, dass bei dieser Art Fotos die Verwendung eines Verlaufsfilters wirklich sinnvoll ist. Persönlich kann ich die Form der Aufsteckfilter im Verleich zu den Schraubfiltern empfehlen, da man als Fotograf durch die Verschiebbarkeit der Filterscheiben besseren Einfluss auf die Belichtung hat.
Eine wirkliche Alternative zu den Grauverläufen ist das zeitweise Abdecken des Himmels durch ein Microfasertuch nicht. Diese Technik funktioniert nur bei längeren Belichtungen von ein paar Sekunden. Der Umstand bringt aber meist andere Probleme mit sich.
Durch das Einsetzen von Verlaufsfiltern in der Fotografie werden die Möglichkeiten jeder Kamera erheblich erweitert. Das zusätzliche Kombinieren von Polfilter oder Graufilter gibt uns mehr Freiheit und Kreativität beim Bildaufbau. Das lassen sich die Entwickler der Filtersysteme auch gut bezahlen und das haben auch alle Hersteller gemeinsam – sie sind alle teuer!
Wir brauchen Filter, Filterhalter, Ojektivadapter und für den Polfilter nochmal einen Adapter…
Doch für qualitativ anspruchsvolle Fotos und die kreative Freiheit in der Landschaftsfotografie ist es eine lohnende Anschaffung.